Wenn man von freien Waffen spricht und ob sich diese in einer Notsituation eignen sich vor einem Angreifer effektiv zu schützen, muss man auch wissen, was bei Notwehr erlaubt ist und wann diese überschritten ist. Auch ist es wichtig zu verstehen, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit eine Notwehr Situation überhaupt erst vorliegt. Wann liegt ein Notwehrexzess vor und was ist der Unterschied zum Notstand? All das wollen wir uns im nachfolgenden Artikel zusammen ansehen.
Was ist Notwehr?
Bevor es ans Eingemachte geht, ist natürlich zunächst zu klären, was Notwehr überhaupt ist. Kurz gesagt es ist ein Rechtfertigungsgrund. Das heißt, wenn eine Notwehrsituation vorliegt, ist eine Straftat, die zur Verteidigung notwendig war, gerechtfertigt. Damit ist diese nicht rechtswidrig und Sie haben sich damit nicht strafbar gemacht. Im Falle der Notwehr ist das meiner Vermutung nach in aller Regel die begangene Körperverletzung, die notwendig war einen Angriff abzuwehren. Nach der Definition im § 32 StGB stellt die Notwehr die Verteidigung dar, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.
Gleich zu Beginn möchte ich aber unbedingt darauf hinweisen, dass es sich bei diesem Beitrag nicht um eine verbindliche Rechtsberatung handelt, dessen Aussagen Sie blind übernehmen können. Alle Informationen sind nach bestem Gewissen gründlich recherchiert worden, allerdings bin ich kein Anwalt und maße mir demnach keine Deutungshoheit über das Gesetz an.
Dennoch möchte ich in simplen Worten darauf eingehen, was meiner Meinung nach entscheidend ist und man einmal gehört haben sollte, wenn man mit dem Gedanken spielt sich eine freie Waffe zur Selbstverteidigung zu kaufen.
Auf der verlinkten Seite finden Sie eine Übersicht über die legalen Selbstverteidigungswaffen in Deutschland, die sich hierfür prinzipiell eignen und man rechtlich auf der sicheren Seite ist.
Voraussetzungen für Notwehr?
Wie in der oben genannten Definition bereits indirekt angedeutet, müssen natürlich einige Voraussetzungen erfüllt sein, damit man überhaupt von Notwehr sprechen kann. Sind diese nicht gegeben, tritt natürlich auch der Rechtfertigungsgrund nicht ein und es handelt sich bei der gegebenenfalls zur Abwehr notwendigen Körperverletzung tatsächlich um eine Straftat.
Eine Notwehrlage liegt dann vor, wenn ein rechtswidriger Angriff auf ein Rechtsgut stattfindet bzw. unmittelbar bevorsteht. Zu den wichtigsten Rechtsgütern zählen natürlich Ihr Leben, Ihre körperliche Unversehrtheit, sexuelle Selbstbestimmung und Ihr Eigentum.
Notwehrprovokation - Fordern Sie keinen Angriff heraus!
Wichtig ist hier auch, dass Sie den rechtswidrigen Angriff nicht aktiv provoziert haben, denn in einem solchen Fall spricht man von Notwehrprovokation. In einem solchen Fall können Sie sich nicht auf Notwehr als Rechtfertigungsgrund berufen. Damit wird verhindert, dass Niemand andere durch z.B. Beleidigungen zu einem Angriff provozieren kann, um diese anschließend straffrei zu vermöbeln. So will man in meinen Augen zuverlässig Anreize für aggressive Zeitgenossen entfernen, um solche Situationen zuverlässig zu vermeiden.
Was ist in einer Notwehr-Situation erlaubt?
Natürlich ist in einer Notwehr-Situation nicht zwingend alles erlaubt. Sie dürfen hier zwar viel, aber eben nicht alles. Wichtig ist zunächst, dass die Abwehrmaßnahme geeignet ist, den Angriff abzuwehren. Sie sind aber verpflichtet, die Maßnahmen derart zu wählen, dass diese der Art des Angriffs angemessen sind und auch wirklich dazu geeignet sind den Angriff auf Ihre Rechtsgüter zu beenden. Wenn Ihnen also Jemand ans Schienbein tritt, dürfen Sie diesen beispielsweise nicht einfach ohne Vorwarnung erschießen. Eigentlich logisch und absolut sinnvoll. In einem solchen Fall spricht man von einem Notwehrexzess. Auch rechtfertigt die Notwehr dementsprechend nicht gänzlich andere Straftaten, ich denke hier zum Beispiel an Raub.
Im Falle einer Notwehr müssen Sie stets auch auf das mildeste zur Verfügung stehende Mittel zurückgreifen, das geeignet ist einen Angriff abzuwehren. Haben Sie also beispielsweise Ihr EDC-Messer und ein Tierabwehrgerät bzw. Pfefferspray dabei, dann sollten Sie zunächst am Besten nicht nach dem Messer greifen, wenn Sie straffrei davon kommen wollen, sonst handelt es sich schnell um Notwehrexzess. Aber natürlich ist das aus dem sicheren Büro heraus leicht gesagt. Im Eifer des Gefechts ist man da sicherlich nicht zwingend so klar im Kopf, um sich darüber noch Gedanken zu machen. Aber auch hier gibt es auch immer Ausnahmen.
Handelt man aus reiner Panik oder aus grenzenloser Furcht und verletzt den Angreifer mehr als notwendig oder wählt ein zu scharfes Mittel, kann es dennoch in Ordnung sein. Beispielsweise bei einer versuchten Vergewaltigung einer körperlich stark unterlegenen Frau. Natürlich wird diese aus Furcht alles tun, damit es nicht zum Äußersten kommt.
Sind Sie zum Zeitpunkt des Angriffs im Besitz einer Schusswaffe, zum Beispiel weil Sie Jäger oder Sportschütze sind, ist es prinzipiell auch nicht kategorisch verboten diese einzusetzen. Aber auch hier muss die Verhältnismäßigkeit berücksichtig werden. Ist der Angreifer unbewaffnet, kann es beim Schusswaffengebrauch natürlich schwierig werden. Rennt ein Angreifer natürlich mit einem Messer auf Sie zu, kann dieser aber verhältnismäßig und gerechtfertigt sein. Ein Warnschuss (falls möglich) sollte dabei aber immer erfolgen.
Verbotene Waffen, wie beispielsweise ein Springmesser, Butterflymesser oder ein Todschläger bleiben meiner Kenntnis nach auch bei einer Notwehrsituation verboten. Sie dürfen diese aber wohl zur Abwehr des Angriffes einsetzen, es könnte im Nachhinein aber sein, dass Sie sich unter Umständen wegen des illegalen Besitzes verantworten müssen. Welche Waffen in Deutschland verboten sind, können Sie im verlinkten Beitrag nachlesen.
Der Notwehrexzess - Wann ist Notwehr überschritten?
Wie in dem vorangegangenen Abschnitt bereits angerissen, können Sie die Notwehr überschreiten, aber wann ist dies dann genau der Fall? Nun, zum einen, wie wir bereits gehört haben, wenn Sie das falsche Verteidigungsmittel gewählt haben. Das bedeutet, dass Sie ein zu hartes Mittel ausgewählt haben, obwohl Ihnen ein milderes Werkzeug zur Verfügung stand.
Um beim oben genannten Beispiel zu bleiben, haben Sie in einem imaginären Szenario zum Selbstschutz sofort zu einem Messer gegriffen, um zuzustechen, obwohl Sie auch ein Pfefferspray in der anderen Tasche gehabt hätten. Das hätte ebenfalls gereicht um den unbewaffneten Angreifer abzuwehren. Hier ist die Notwehr klar überschritten.
Wie gesagt, ist dies aber anders, wenn Sie die Grenzen der Notwehr aus Verwirrung, Furcht oder Schrecken überschreiten. Wenn sich zwei Männer über eine Frau hermachen, um Sie sexuell zu belästigen, kann diese natürlich straffrei zu härteren Maßnahmen greifen, um sich zu schützen, als ein 120 kg Hüne.
Handeln Sie aber aus purem Zorn, Wut oder Empörung über den Angriff, dürfen Sie die Notwehr nicht überschreiten. Hier kann es zu strafrechtlichen Konsequenzen kommen. Sie überschreiten auch die Notwehr, wenn Sie weiter auf den Angreifer einschlagen, obwohl dieser bereits von Ihnen abgelassen hat. Denn in diesem Fall ist der Angriff nicht mehr gegenwärtig und steht auch nicht unmittelbar bevor.
Es ist daher absolut nicht empfehlenswert einen Angreifer zu verfolgen, um ihm den letzten Rest zu geben. Man sollte die Abwehr daher stoppen, sobald der Angreifer aufhört. Sonst bringt man sich nur selbst in Teufelsküche.
Aber wie ich in jedem Beitrag hervorhebe, sollten alle Selbstverteidigungswaffen nur einem Zweck dienen. Und zwar Ihnen die sichere Flucht aus der Gefahrensituation zu ermöglichen. Im Nahkampf gibt es nur Verlierer.
Die Putativnotwehr - Was passiert wenn ich mich irre?
Zu erwähnen ist an dieser Stelle zu guter Letzt noch die so genannte Putativnotwehr. Diese liegt vor, wenn man irrtümlich eine Notwehrsituation annimmt, obwohl diese nicht gegeben ist. Sollte man sich hier irrtümlich verteidigen und den vermeintlichen Angreifer schaden, so kann es wohl passieren, dass einem Fahrlässigkeit unterstellt wird und man mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen muss. Von Vorsatz spricht man hier aber in aller Regel nicht.
Was ist Unterschied zwischen Notwehr & Notstand
Bei der Selbststverteidung im Notfall handelt es sich aber nicht immer auch automatisch um Notwehr, denn es gibt einen kleinen aber feinen Unterschied zum Notstand. Denn geht ein gegenwärtiger Angriff auf einen anderen Menschen oder Sie selbst nicht von einem Menschen aus, sondern von einer Sache, z.B. von einem Tier, dann spricht man von Notstand. Dieser muss hierfür auch nicht zwingend rechtswidrig sein. Es muss jedoch eine Gefahr für ein Rechtsgut bestehen.
Müssen Sie also einen Angriff von einem aggressiven Hund abwehren, gilt der Rechtfertigungsgrund des Notstands. Wie Sie das am effektivsten und sichersten schaffen können, habe ich Ihnen im verlinkten Beitrag geschildert. Wichtig, auch hier ist die Verhältnismäßigkeit der Abwehrmaßnahmen entscheidend. Demnach ist es auch nicht empfehlenswert direkt zum schärfsten Abwehrmittel zu greifen. Wie im Beitrag geschildert, würde ich persönlich hier zu einem Tierabwehrgerät, z.B. der Guardian Angel III von Piexon greifen. Hier sollte man in meinen Augen die Verhältnismäßigkeit nicht verletzen, da ausgeschlossen ist, dass bleibende Schäden am abgewehrten Tier zurückbleiben. Zudem kann man den Angriff bereits aus sicherer Distanz unterbinden und sich in Sicherheit bringen.
FAQ
Was ist die Definition von Notwehr?
Von Notwehr spricht man, wenn ein rechtswidriger Angriff auf ein Rechtsgut stattfindet bzw. unmittelbar bevorsteht.
Zu den wichtigsten Rechtsgütern zählen natürlich Ihr Leben, Ihre körperliche Unversehrtheit, sexuelle Selbstbestimmung und Ihr Eigentum.
Was ist Voraussetzung für Notwehr?
Die Voraussetzung für Notwehr ist, dass ein Angriff auf die eigenen Rechtsgüter unmittelbar bevorsteht oder bereits stattfindet.
Die Maßnahmen zur Abwehr müssen geeignet sein den Angriff zu beenden oder zu behindert. Weiterhin müssen Sie das hierfür mildeste Mittel zur Abwehr nutzen.
Der Angriff darf dabei aber nicht von Ihnen provoziert worden sein!
Wann ist Notwehr überschritten?
Die Notwehr ist überschritten, wenn man ein zu "scharfes" Verteidigungsmittel nutzt, oder die Abwehr fortsetzt, obwohl der Angriff nicht mehr fortbesteht.
Man spricht von einem Notwehrexzess.
Wie lange besteht eine Notwehrsituation fort?
Eine Notwehrsituation dauert solange fort, wie es auch der Angriff auf Ihre Rechtsgüter tut.
Also solange der Angriff andauert, bzw. unmittelbar bevor steht.
Was ist Unterschied zwischen Notwehr und Notstand?
Bei der Notwehr erfolgt der Angriff auf Ihre Rechtsgüter durch einen Menschen, beim Notstand durch eine Sache.
Die Abwehr eines Hundeangriffs wäre demnach ein Notstand, da Tiere nach dem Gesetz als Sache gesehen werden.
Was ist Putativnotwehr?
Von Putativnotwehr spricht man, wenn eine Notwehrsituation irrtümlich angenommen wurde und man entsprechend gehandelt hat.